Nach den letzten Konzerten in der Alsterdorfer Sporthalle in Hamburg, bei denen die Halle nicht ganz gefüllt war, war ich gespannt, wie es an diesem Abend sein würde. Feine Sahne Fischfilet haben sich angekündigt und dafür war die gesamte Halle geöffnet. Wenn die Punkrock-Institution aus Mecklenburg-Vorpommern in der Hansestadt Halt macht, ist von vornherein klar, das es kein gewöhnliches Konzert wird, sondern ein kollektives Ausrasten mit klaren Ansagen, Bierduschen und wilden Moshpits.
Focus eröffnen den Abend
Den Startschuss des Abends übernahmen Focus. Der Support-Act ließ keine Zeit zum Aufwärmen und ging direkt nach vorne. Mit ihrem Mix aus Punk und Hardcore bieten sie ein kompaktes und druckvolles Set. Das Hamburger Publikum nahm die Band herzlich in Empfang und schnell bildeten sich hier bereits erste Moshpits und auch erste Crowdsurfer waren auf der Menge zu sehen. Passend zum Song Alkohol stieß die Band direkt mit den Fans an. Sänger Eric Zieger holte dafür extra eine große Dose Faxe hervor und sagte zur Menge, dass das schönste Geräusch doch das Zischen einer frischen Dose sei. Die Gruppe aus Riesa zog das Publikum mit dem kurzen Set direkt in ihren Bann. Bei Songs wie Für immer 21 und AU sang bereits die ganze Halle mit. Der Höhepunkt des Sets war der bekannteste Song der Band Kein Limit. Focus. haben damit bewiesen, dass sie auch große Bühnen beherrschen. In den kleinen Clubs wirkt die Show noch etwas besser, wie zuletzt im Bahnhof Pauli in Hamburg. Aber es war definitiv ein passender Auftakt für den Abend.
Fotos Focus.
Feine Sahne Fischfilet: Abriss ab dem ersten Ton
Zu Beginn der Show hing ein noch ein Vorhang vor der Bühne. Nachdem das Publikum schon mit Songs von Oxo86, The Offspring und The Yankees/Die Toten Hosen vom Band angeheizt wurde, kam die Band hinter dem Vorhang zu einer Piano-Version von Wir kommen in Frieden auf die Bühne und war da schon aufgeregt, das es losgeht. Sänger Monchi Fromm lief auf der Bühne herum und schaute schon kurz an der Seite vom Vorhang isn Publikum während die anderen Bandmitglieder ihre Positionen einnahmen. Als der Vorhang fiel und die Töne von Wir kommen in Frieden einsetzten, gab es kein Halten mehr. Vor der Bühne bewegte sich alles, Bierbecher flogen und das Bier spritzte während die Band auf der Bühne den Song anstimmte. Bereits beim zweiten Song Zurück in unserer Stadt ging Monchi von der Bühne ins Publikum und Kletter für einen kurzen Crowdsurf-Ausflug auf die Hände der jubelnden Menge.
Punkrock mit Haltung
Feine Sahne Fischfilet wären nicht Feine Sahne Fischfilet ohne klare Worte. Zwischen den Songs nahm sich Monchi immer wieder Zeit für persönliche und auch politische Statements. Die Töne wirken dabei inzwischen etwas ruhiger, als noch vor einigen Jahren. Die Nachricht dahinter bleibt jedoch klar: Keinen Schritt nach rechts. Dabei wirkt nichts aufgesetzt oder belehrend – es ist genau diese Mischung aus Haltung und Nähe, die die Band seit Jahren auszeichnet. Vor dem Song 15 Jahre erzählt er, dass er damals von Nazis verprügelt wurde und mehrere Zähne repariert werden mussten. Seine Mutter erklärte damals die Party für beendet und brachte ihn ins Krankenhaus. Sie ist selber Zahnärztin und war an diesem Abend zusammen mit ihrer gesamten Praxis beim Konzert, das gleichzeitig die Weihnachtsfeier war. Bei einem anderen Song erzählte Monchi, wie erschreckend es ist, das in seiner Heimat über 50 Prozent der Einwohner die AfD gewählt haben und das es sich dabei nicht nur um klare Nazis handelt, sondern um Menschen mit Sorgen. Hier merkte man, wie sich die Band weiterentwickelt hat und zumindest in Teilen auch den Dialog sucht, um den Rechtsruck in Deutschland zu bekämpfen.
Nähe, die man spürt
Besonders auffällig war erneut die enorme Nähe zwischen Band und Fans. Distanz gibt es hier nicht. Monchi suchte ständig den Kontakt, lief immer wieder nach vorne und klatschte mit den Fans ab. Zur Hälfte des Konzerts dachte ich schon, dass bei diesem Konzert gar keine Bierflaschen ins Publikum fliegen. Doch dann wurden doch noch die Kisten mit PET-Flaschen ausgepackt und im Publikum verteilt. Das hat schon Tradition bei den Konzerten. Dazu setzten sich mehrere Besucher:innen auf die Schultern ihrer Begleitungen, um auch eins der Flugbiere zu erwischen. Bei dem Song Diese eine Liebe forderte Monchi das Publikum auf, noch viel mehr Crowdsurfer zu schicken. Die Security im Bühnengraben war schon gut beschäftigt, aber ab diesem Zeitpunkt kam eine ganze Autobahn an Crowdsurfern. Auch Mitglieder von Focus. sprangen von der Bühne aufs Publikum um ein Bad in der Menge zu nehmen. Davor hatten beide Bands zusammen den Song Sternhagelvoll auf der Bühne performt. Das Konzert kam damit langsam zum Höhepunkt. Bei Grüße ins Neandertal gab es das größte Circle Pit des Abends, zu dem auch Monchi direkt in die Mitte des Wirbelsturms ging. Mit Wenn’s morgen vorbei ist endete der reguläre Teil des Sets.
Ein Konzert, das in Erinnerung bleibt
Aber das war noch nicht alles. Die Band hatte gleich zwei Zugaben parat. Insgesamt haben sie über 2 Stunden gespielt. Hier hat das Publikum wirklich viel Musik für ihr Geld geboten bekommen. Die erste Zugabe begann gefühlvoll. Der Song Haut an Haut ist Monchis erst in diesem Jahr geborener Tochter gewidmet. Danach stimmte die Band den Song Niemand wie ihr an, der Monchis Eltern gewidmet ist. Dazu holte er seine Mutter und seinen Vater auf die Bühne, die zu Beginn des Songs auf der Bühne zusammen tanzten. Auch eine kleine Überraschung hatte die Band vorbereitet. Trompeter Max Bobzin performte als nächsten Song Without me von Eminem. Das lockerte alles nochmal auf, wobei es definitiv keine steife Veranstaltung war.
In der zweiten Zugabe spielte die Band noch drei Songs und beendete das Set mit dem Klassiker Komplett im Arsch, bei dem noch einmal die ganze Halle durchdrehte. Nach diesem Konzert konnte wirklich jede/r Besucher:in beseelt nach Hause gehen.
