Hot Water Music zum 30. Jubiläum zu Gast in Hamburg

Review

Dieses Mal stand eine Premiere oder besser gesagt drei Premieren auf dem Programm. Die Post-Hardcore-Legenden von „Hot Water Music“ um Frontmann Chuck Ragan gaben sich zum 30. Jubiläum die Ehre in der Grossen Freiheit 36 auf dem Hamburger Kiez. Obwohl die Band schon 3 Dekaden unterwegs ist, war dies das erste Mal, dass ich sie live erleben durfte. Die Support-Bands „As Friends Rust“ und „Quicksand“ kannte ich bis dahin noch gar nicht.

Der Abend begann um 20 Uhr pünktlich eine Stunde nach Einlass mit „As Friends Rust“, die genau wie „Hot Water Music“ aus Gainesville, Florida stammen. Die Band begann energiegeladen während ich noch in der Garderobenschlange stand, die sich nur langsam bewegte. Immerhin konnte man nebenbei schon die ersten Songs sehen bzw. hören. Nachdem die Jacke abgegeben war bewegte ich mich zügig vor die Bühne. Zu meiner Überraschung war dort wo normalerweise das Moshpit auf Hardcore-Shows tobt in diesem Fall noch eine Menge Platz. Einige Fans feierten die Band bereits stark ab. Ein Moshpit bildete sich hier aber auch im Verlauf der Show nicht. An der Band lag es nicht. Die Gruppe um Sänger Damien Moyal gab wirklich alles und ich merkte wie sich auf meinem Gesicht zunehmend ein Lächeln abzeichnete aufgrund der melodischen Hardcore-Klänge. Die Band spielte ungefähr 30 Minuten und endete ihr Set mit dem Punk-Knaller „Coffee Black“, der auch bereits 25 Jahre auf dem Buckel hat und auf Debüt-EP in 1999 veröffentlicht wurde. Der Song spiegelt die rohe Energie des Punkrocks wieder und war ein perfekter Abschluss des Sets.

Als zweite Band des Abends spielten Quicksand aus New York City. Auch diese Band hatte ich bis zu diesem Abend noch nicht gehört. Ich merkte schnell, dass ich etwas verpasst hatte. Die Band um Sänger und Gitarrist Walter Schreifels hat eine bewegte Historie seit ihrer Gründung in 1990 hinter sich und ist nach zwischzeitlicher Trennung seit 2012 wieder unterwegs. Mit Hot Water Music haben sie eine tiefe Verbindung. Das merkte man auch daran, dass Chuck Ragan beim Song „Fazer“ auf die Bühne stürmte und mitsang. Der Song entstamm dem Album „Slip“, wurde jedoch auch auf einer Split-EP, die „Quicksand“ und „Hot Water Music“ in 2024 veröffentlicht haben von der Gruppe um Chuck Ragan gecovert. Schreifels und Bassist Sergio Vega, ergänzt von Schlagzeuger Alan Cage verkörpern auf der Bühne eine energiegeladene Show, die sich durch raffinierte Gitarrenriffs und -Effekte auszeichnet, die teilweise an Tom Morello erinnern. Die Lieder erinnern ebenfalls von der rohen Energie an „Rage against the Machine“. Das Publikum wirkte im Verlauf des Sets schon aufgeweckter und die Energie übertrug sich von der Bühne nun auch in die Menge.

Um 22 Uhr betraten „Hot Water Music“ nach einer unendlich wirkenden Pause endlich die Bühne. Nach den ersten Gitarrenklängen von „Menace“ setzt auch schon wenig später die rauchig-kratzige Stimme von Chuck Ragan ein, die wie ein gemütliches Feuer ist, um das man sich versammelt, das wärmt und gleichzeitig Respekt einflößt. Kurz danach setzt auch der klare Gesang von Chris Cresswell ein. Schon jetzt entbrannte hinter mir ein wildes Moshpit. Aufgrund der melodischen Klänge unterschätzt man leicht die Power, die in den Songs der Band steckt. Diese entludt sich jedoch direkt in der Menge und das Publikum sang und moshte von Anfang bis Ende mit. Der Song „Menace“ entstammt dem letzten Album Vows und war der perfekte Einstieg in den Abend. Typisch für Hot Water Music ist der Song eine Mischung aus melodischen Gitarrenriffs und tiefgehenden Lyrics. Direkt im Anschluss folgte mit „A Flight and a Crash“ ein Song vom 2001 veröffentlichten gleichnamigen Album und stimmte auf die Zeitreise durch die Diskographie der Band ein. Bei „Habitual“ wurde es das erste Mal emotional, spiegelt der Song doch den Kampf gegen das allgegenwärtige Monster Krebs dar, an den auch ich dieses Jahr einen lieben Freund viel zu früh verloren habe. Der Song hat jedoch eine positive Botschaft und so schrien am Ende alle wiederholt „I wonˋt cave“ gemeinsam heraus.

Auch bei „State of Grace“, einem der Klassiker der Band wurde es laut im Saal, als alle den Refrain mitgröhlten. Kurz vor dem letzten Teil der Show spielte die Band noch den Song der niemals fehlen darf – Drag my Body. Hier merkte man schon, dass Chuck etwas Unterstützung gebrauchen konnte und das Publikum ließ sich dies nicht zwei mal sagen und brüllte aus voller Kehle „I‘m hardly feeling human anymore, enough to drag my body from the floor“ mit. Beim folgenden Song „Free Radio Gainesville“ kam auch Walter Schreifels auf die Bühne und sang mit. Die komplette Crew und die Support-Bands standen während des Sets an der Bühnenseite und feierten das komplette Set. Hier merkte man, dass diese Konstellation gerne gemeinsam unterwegs ist und sich gegenseitig feiert. Die Band zog auch die letzten Songs direkt durch, ohne zuerst von der Bühne zu gehen und wieder zurück zu kommen. Auch das ist Punk.

Am Ende bekam ich noch von Drummer George Rebelo einen Drumstick für meine Sammlung zugeworfen und ging glücklich und mit einem Grinsen im Gesicht nach Haus.

Fotos

Setlist

  1. Menace
  2. A Flight and a Crash
  3. Jack of All Trades
  4. Habitual
  5. Turn the Dial
  6. After The Impossible
  7. Burn Forever
  8. State of Grace
  9. Collect Your Things and Run
  10. Killing Time
  11. Difference Engine
  12. Remnants
  13. Wayfarer
  14. Turnstile
  15. Drag My Body
  16. Free Radio Gainesville
  17. Much Love
  18. Remedy
  19. Trusty Chords
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